Gemeindekonzeption der Emmauskirchengemeinde

Gemeindekonzeption der Ev.-Luth. Emmaus-Kirchengemeinde Herford

A.) Rückblick auf unsere Geschichte

Unsere Gemeinde entstand aus Neugründungen der Ev.-Luth. Marien-Kirchengemeinde Stiftberg zu Herford. Schon in den 30er Jahren wurde das Predigtangebot dieser Gemeinde erweitert, zuerst in Schulgebäuden, dann wurden Gemeindehäuser gebaut: 1931 im Schwarzenmoor und 1934 in Falkendiek. Aufgrund von Kriegszerstörungen und Zuzug von Vertriebenen und englischen Soldaten ergab sich nach dem Krieg ein großer Mangel an Wohnraum. In den 50er und 60er Jahren entstanden großflächige Neubaugebiete am Stadtrand von Herford mit vielen Wohnblocks. Die Bevölkerungszahl in dem Gebiet unserer Gemeinde wuchs fast explosionsartig. Der Bau neuer Kirchen war notwendig und wurde an zwei Orten begonnen, so dass die Christuskirche 1958 und die Markuskirche 1960 geweiht werden konnten. Gleichzeitig wurden neben den Kirchen Kindergärten eröffnet. Das Gemeindehaus in Falkendiek wurde 1962 zur Trinitatiskirche, das in Schwarzenmoor 1963 zur Thomaskirche ausgebaut und geweiht. 1965 wurde die Neugründung von zwei Gemeinden vollzogen, und zwar der Christusgemeinde mit Falkendiek westlich und der Markusgemeinde mit Schwarzenmoor östlich der Mindener Straße. Seit den 70er Jahren setzte eine neue Entwicklung durch Migrationsbewegungen ein, die insbesondere die Markusgemeinde mit der „Nordstadt“ betrafen. Zunächst kamen Gastarbeiter aus Südeuropa, später Asylbewerber aus aller Welt, und in den 90er Jahren Russlanddeutsche. Sie prägten das Sozialgefüge, aber nur einige Spätaussiedler schlossen sich unserer evangelischen Gemeinde an. Die Gemeindearbeit war seit den 70er Jahren durch eine vielfältige Gruppenarbeit für alle Generationen geprägt. Insbesondere für die Jugendarbeit wurden hauptamtliche Stellen geschaffen. In der Hochphase dieser Entwicklung gab es z.B. offene Jugendarbeit an der Christuskirche (im Jugendhaus „Planet C“) und Kindergottesdienst an allen vier Kirchen. Das Gemeindehaus an der Markuskirche, das räumlich nicht mehr ausreichte, wurde 1996 abgerissen und durch einen größeren zeitgemäßen Neubau ersetzt. Die Einweihung war 1997. Auch das Christusgemeindehaus wurde in den 90er Jahren erheblich erweitert. Seit den 90er Jahren ist ein deutlicher Rückgang der Gemeindegliederzahlen festzustellen, der entsprechende Änderungen in der Gemeindearbeit mit sich bringt: Während 1990 in der Markus- und Christusgemeinde zusammen noch über 8200 Gemeindeglieder wohnten, sind es heute nur noch ca. 6000. Dabei ist der relative Anteil an Senioren gestiegen. Aufgrund des Druckes durch die finanzielle Situation der Landeskirche und der zeitlichen Nähe der Pensionierung von drei Pfarrern fusionierten die Christus- und die Markusgemeinde im Jahr 2002 zur Ev.-Luth. Emmauskirchengemeinde, die auf eine der vier Pfarrstellen verzichten musste. Der weitere Rückgang der Ressourcen konnte an vielen Stellen durch ehrenamtliches Engagement aufgefangen werden, wie z.B. in Schwarzenmoor, wo die Gemeinde die Thomaskirche jetzt unabhängig von der Finanzgemeinschaft des Kirchenkreises trägt. Aufgrund der Finanzsituation mussten wir uns von Räumen trennen. Dabei ergab es sich, dass die Trinitatiskirche an einen Bestatter verkauft werden konnte, der die entwidmete Kirche als Trauerhalle nutzen will und es unserer Gemeinde ermöglicht, neun Gottesdienste pro Jahr in seinen Räumen feiern zu dürfen.

B.) Unsere Ziele

Zur Darstellung der Ziele unserer Gemeinde erinnern wir uns an die biblische Geschichte der „Emmausjünger“(Lk. 24,13-35):

1. Zusammengehörigkeitsgefühl stärken

Die Geschichte erzählt von den zwei Jüngern, die nach Karfreitag in das Dorf Emmaus gehen und dabei ihre Erfahrungen und Ängste nach der Kreuzigung ihres Herrn austauschen.

Und sie redeten miteinander von allen diesen Geschichten.“ (Lk. 24,14).

Aus der Reflexion der vergleichsweise kurzen, aber bewegten Geschichte unserer Gemeinde und ihrer Sozialstruktur erwächst die Aufgabe, intensiv daran zu arbeiten, dass bei den Gemeindemitgliedern Verständnis für die notwendigen Veränderungen entsteht und das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Gemeinde gefördert wird. Die Beheimatung in einem der vier Gemeindeteile und die Verwurzelung in unterschiedlichen Traditionen können die Zusammenarbeit befruchten und die zentralen Zusammenkünfte zu lebendigen Begegnungen werden lassen.

2. Austausch ermöglichen und Transparenz schaffen

Unterwegs werden die Jünger angesprochen vom Auferstandenen, der nachfragt:

„was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs?“ (Lk. 24,17)

Daraufhin erzählen die Jünger von ihrem Glauben, von ihren Hoffnungen und Enttäuschungen. Der Austausch untereinander ist für unsere Gemeinde wichtig. Wir lassen dabei Kritik zu und stellen uns der Botschaft Christi, die unsere Meinungen immer wieder neu in Frage stellt. Die Kommunikation zwischen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen wird durch regelmäßige Treffen im Gemeindebeirat und bei Feiern gewährleistet. Die Verbindung zu den Gemeindegliedern wird durch die Pfarrer / die Pfarrerin durch Besuche und Amtshandlungen gehalten. Der attraktiv gestaltete Gemeindebrief ist ein wichtiges Organ der regelmäßigen Informationen an alle Gemeindemitglieder. Eine Internetpräsenz ist aufzubauen.

3. Menschen ermutigen, Glauben wecken und stärken

In der biblischen Geschichte erkennen die beiden Jünger den auferstandenen Herrn nach dem gemeinsam zurückgelegten Weg, indem sie zu Tisch sitzen und der Auferstandene für das Brot dankt und es mit ihnen
teilt.

Da wurden ihre Augen geöffnet und sie erkannten ihn“ (Lk 24,31)

In unserer Gemeinde erleben wir die Begegnung mit Christus, erleben wir miteinander geistliche Gemeinschaft, wenn wir in Gottesdiensten, bei Festen oder in den Gruppen und Kreisen zusammenkommen. Dabei nehmen die Gottesdienste einen besonderen Stellenwert ein, die vielfältig und auf verschiedene Generationen ausgerichtet gefeiert werden. Die kirchenmusikalische Arbeit in Kirchen- und Posaunenchören hat dabei besondere Bedeutung, sie wirkt mit ihrem hohen Niveau auch über die Gemeinde hinaus. So wie der Auferstandene in der Emmausgeschichte die trauernden Jünger begleitet und tröstet, so werden in unserer Gemeinde Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen begleitet. Traurige werden getröstet; alte Menschen erfahren Beistand, junge Menschen finden Raum in der Gemeinde. In unserer Gemeinde sollen Menschen befähigt werden, anderen in schwierigen Lebenssituationen beizustehen. Die Kinder- und Jugendarbeit hat bei uns einen wichtigen Stellenwert: Die Kinderarbeit wird dabei „vor Ort“ geleistet, die Jugendarbeit hingegen an dem zentralen Standort im Markusgemeindehaus. Kindergartenarbeit, Kinderarbeit, Konfirmandenarbeit und Jugendarbeit werden miteinander verknüpft. Unsere Gemeinde versteht sich als einladende Gemeinschaft, in der Räume für Begegnungen, für Visionen und Träume geöffnet werden. Sie will Menschen ermutigen, ihre Begabungen auf verschiedene Weise einzubringen. 

4. Glauben in die Welt tragen

Nachdem den Emmausjüngern ihre Augen geöffnet waren, brachen sie sogleich auf:

Und sie standen auf zu derselben Stunde, kehrten zurück nach Jerusalem und fanden die Elf versammelt und die bei ihnen waren“ (Lk 24,33)

In der Gemeinschaft der ersten Gemeinde halfen sie mit, den Glauben in die Welt zu tragen. Aus der Begegnung mit Christus heraus wirkt auch unsere Gemeinde in der Welt. Sie geht offen auf Menschen zu. Sie pflegt ökumenische Kontakte zu Nachbargemeinden z.B. durch die ökumenische Bibelwoche und die Mitarbeit in der „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK Herford)“. Sie nimmt Verantwortung in der Gesellschaft wahr und bringt sich in die gesellschaftlich relevanten Diskussionen ein. Sie setzt sich für Menschen ein, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, wie Flüchtlinge, Suchtkranke oder Mittellose: Sie steht ihnen bei, selbst da, wo Behörden keine Möglichkeiten sehen. Unsere Gemeinde arbeitet mit anderen gesellschaftlichen und kulturellen Gruppen zusammen. Sie fühlt sich der Arbeit für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung verpflichtet.

(Einstimmig beschlossen am 2. Dezember 2009)